Reflexionen über Tsunshan — Kunstkritische Essays

Das Thema der Befreiung in Tsunshans Werk konzentriert sich darauf, das Bewusstsein zu verschieben, um die Interaktion von Gegensätzen innerhalb einer umfassenderen Realität zu erkunden, die sie überwindet. Seine Gemälde zielen darauf ab, emotionale Tiefe einzufangen, ohne dass sie das Bild dominiert. Tsunshan verbindet persönliche Gefühle mit den natürlichen Texturen seiner Materialien und strebt danach, gegensätzliche Elemente zu harmonisieren. Dies zeigt sich in der Verwendung von tropfenden Farben, wässrigen Effekten und durchdachten Farbkombinationen oder symbolischen Elementen.

Seine Kompositionen bewegen sich weg von einer bewussten Planung hin zu einer natürlicheren Anordnung der Elemente. Sie spiegeln eine ruhige Darstellung seiner inneren Welt wider, die tiefe Bedeutungen mit einem Bewusstsein für kulturelle Einflüsse vermischt. Durch seine Kunst erforscht Tsunshan, wie persönliche Wahrheiten und kulturelle Symbole zusammenkommen. Seine Technik, insbesondere die Verwendung von Wasser und Öl, verschmilzt symbolisch verschiedene Aspekte des Lebens und kulturelle Ideen, was die Komplexität der Realität illustriert.

Claudia Ricci, Kunstkritikerin und Kuratorin, 1985 Italien

Plötzlich ist alles ganz still: Nach dem Sturm der Lichter folgt eine fast ungestörte Schwärze der Nacht — ein faszinierendes Schauspiel zwischen Aufleuchten und Verlöschen, Entstehen und Vergehen. Tsunshan gestaltet diesen Wechsel nicht als extremen Umschlag, sondern in Zwischentönen. Man entdeckt auch sogleich das Fernöstliche in den informellen Strukturen Tsunshans: eine schwebende, gelichtete Farbgestaltung, die der Maler mit Elementen der abstrakten Westkunst verbindet. Das ist aber keine kalkulierte Synthese, sondern spontaner Zusammenfall der unterschiedlichen Kultureinflüsse.

Tsunshans Kunst unterscheidet sich jedoch vom puren Action Painting: Es wird meditativ gebremst, als ob Pollock durch Cy Twombly gemässigt würde. Der Künstler schafft eine, für ihn typische, Synthese aus körperlicher Malaktion und ihrer gedanklichen Strukturierung – womit er zudem auch der buddhistischen Einheit von Körper und Geist nahekommt

Kai Hoffmann, Kunstkritiker, 1990 Deutschland

Was an Tsunshan auffällt, ist seine einzigartige Malerei, die sich von internationalen Kunsttrends unterscheidet. Dies kommt von seiner Entschlossenheit und seinen inneren Ressourcen, trotz seiner milden Natur. Die Autonomie seiner Arbeit hat eine marmorne Qualität. Westliche Kritikerbegriffe wie Tachismus oder Action-Malerei sind unnötig und irreführend. Seine Arbeit zeigt orientalische kulturelle Merkmale und Elemente der chinesischen Maltradition.

Tsunshan verwischt die Grenze zwischen Figur und Hintergrund und betont das Zusammenspiel von Fülle und Leere, Licht und Schatten. Dieses dynamische Kontinuum verbindet Mensch und Welt. Seine konzentrierte Vorbereitung führt zu instinktivem, automatischem Ausdruck und fängt oft flüchtige Eindrücke von Mensch und Universum ein. Seine Pinselstriche sind vielfältig und ausdrucksstark und erzeugen in jedem Bild einzigartige Effekte. Tsunshans Werk verbindet Natur und Künstlichkeit, Ost und West, und spiegelt das Paradox von Hongkong wider, wo alte Traditionen auf Hochtechnologie treffen.

Giulio Ciavoliello, Kunstkritiker, 1985 Italien

Die Malerei sammelt verschiedene Farbschichten, zerlegt die Oberflächen, zerlegt das Bild und enthüllt seinen Schatten, die unermessliche Tiefe oder die schwindelerregenden Höhen. Tsunshan ist ein zurückhaltender Künstler. Das Werk schreit nicht, es fordert nicht den Blick heraus; es empfängt ihn und trägt ihn sanft, wie ein Fluss in der Ebene. Die Zurückhaltung hier ist Feinheit. Fein ist das Spiel von Licht und Dunkelheit: das plötzliche Aufleuchten einer Farbe oder ihr abruptes Verlöschen in anderen Tönen enthüllt eine erfahrene Hand, die die Linie und die Farbe mit äusserster Präzision dosiert.

Die Suche des Künstlers wendet sich einer Lyrik zu, die ganz in dem Werk selbst enthalten ist und sich in sich selbst rechtfertigt, ohne wiedergewonnene Themen oder aufgezwungene Konzeptualisierungen. Tsunshan bewegt sich im Gleichgewicht zwischen einer straffen Struktur und der traumhaften Hingabe auf einem Weg, der heutzutage schwer zu gehen ist.

Antonio Mercadante, Kunstkritiker, 1985 Italien

Tsunshan betont, dass seine Gemälde — in denen Pinselstriche, Flecken und Farbtropfen sich überlagern und manchmal die Illusion von Tiefe erzeugen — ohne Titel sind, weil sie keine «Botschaft» vermitteln sollen: Der Künstler stellt sich vor die weisse Leinwand und lässt das Gemälde entstehen, ohne ein vorbestimmtes Ziel zu haben.

Obwohl diese Arbeitsweise an die Konzepte (und in gewisser Weise die formalen Ergebnisse) des abstrakten Expressionismus und des gestischen Informel erinnert, zeigt sie eine Haltung, die verbale Spekulationen meidet und sich auf konkrete Handlungen verlässt, was typisch für das östliche Denken zwischen Taoismus und Zen ist. Wichtig ist einzig und allein, was zu sehen ist, und was daraus gezogen werden kann (oder nicht gezogen: Tsunshan schliesst Gleichgültigkeit als Möglichkeit der Rezeption nicht aus) ist vollständig der persönlichen Sensibilität überlassen.

Jacopo Benci, Kunstkritiker, 1987 Italien

Die intensive Wirkung der Farbtöne in Tsunshans Bildern entsteht aus den Spannungsfeldern der Gegensätze von östlicher und westlicher Kultur- und Maltradition. Vor allem lässt sich eine Aufhebung der echten Unterscheidung zwischen Figuren und Hintergrund feststellen, ebenso wie bei der abstraktesten Malerei des Westens. Ein wichtiges Symbol, vor allem in den früheren Werken des Künstlers, ist ein vergoldetes Quadrat, was hier Leben und Tod in einem bedeutet. Die goldene Farbe nimmt dabei eine wichtige Stellung ein und gilt als Zeichen der Stärke.

In den Bildern treffen die verschiedenen Pole des Existierens, Leben und Tod, Festes und Flüssiges, Leichtigkeit und Schwere, Licht und Schatten aufeinander. Diese gegensätzlichen Einheiten wechseln sich als Grundbewegung ab: Farbexplosionen, schlichte dicke Pinselstriche, verdünnte oder konzentrierte Malerei — ob gespritzt oder geträufelt — und feine schwungvolle Linien. Bei Tsunshans Maltechnik handelt es sich um eine Öl-Acryl-Mischtechnik, wobei die Farben durch den Druck eines Wasserstrahls nach Belieben «ausgewaschen» werden können. Für die Bilder werden unpräparierte oder vom Künstler mit weisser Farbe verdickte Baumwoll-Leinwände verwendet.

Cornelia Griesser-Bertram, Kunstkritikerin, 1990 Schweiz

Tsunshans Kunst — die Suche gilt eher einem Pfad als einem Weg, der zu einem bestimmten Ziel führt, denn diese ästhetische Erfahrung kann nie als abgeschlossen betrachtet werden. Nur ständiges Hinterfragen kann unser Wissen erweitern. Diese Perspektive verändert die Interpretationen von einem Gemälde zum anderen und sogar innerhalb desselben Werkes. Längere Betrachtung diversifiziert die Bedeutungen und platziert die Interpretation auf einer mittleren Ebene, die weder zu tief noch zu oberflächlich ist, sondern dazwischen liegt, an der Grenze, wo Kulturen sich treffen und wo es kein Gefühl der Bindung gibt.

Giacinto Di Pietrantonio, Kunstkritiker und Kurator, 1987 Italien

«Unzählige Male wurde ich nach dem Sinn, der Botschaft meiner Bilder gefragt. Meine Antwort steht jedes Mal unter dem Bild: ohne Titel», erklärt Tsunshan. «Ich überlasse es jedem selbst, einen eigenen Weg für die Betrachtung meiner Bilder zu finden, um meine Bilder zu (er-)fühlen. Vielleicht gehe ich einen einsamen Weg, aber ich weiss, es ist mein Weg.»

Nichts also für Kunstfreunde, die den Effekt und die offene Aussage in einem Bild suchen, ist die Kunst des Chinesen Tsunshan. Zwar setzt er sehr bewusst die Kraft dominierender, starker Farben (Grau, Rot, Blau, Weiss) grossflächig und kleinformatig ein, hervorstechendste Merkmale seiner Bilder sind aber jene geheimnisvollen Liniengebilde, als deren Urväter sich chinesische Schriftzeichen andeutungsweise vermuten lassen. Denn seine Farbflächen besitzen Leben, weisen eine Handschrift auf, einfach und ruhig ihr Farbfeuer ausbreitend.

Hier will Tsunshan offenbar der Unruhe die Form — sozusagen die Urform — gegenüberstellen. Vor seinen delikaten Farbtafeln scheiden sich die Geister: Wer spüren kann, der spüre. Es gibt in diesen Bildern ohne Titel eine Aura, die über das rein Ästhetische hinausgeht und dem im chinesischen Tao verhafteten Satz nahekommt: «Tao, kann es ausgesprochen werden, ist nicht das ewige Tao. Sein Name, kann er genannt werden, ist nicht der ewige Name. Das Namenlose ist der Urgrund des Himmels und der Erde...»

Tsunshan bestätigt auch die chinesische Weise des Pinselstrichs, ein Anliegen, das auch jenes des Meisters Li-ChuSen (in Formosa) ist, die Synthese der chinesischen Maltraditionen mit westlichen Ausdrucksmitteln, oder wie etwa jene bei Kumi Sugai. Immer wieder trifft man bei Tsunshans Werken fernöstliche Kulturelemente an, die sich jedoch in einer völlig zeitgenössischen Dimension vereinen. «Ich versuche auch die Symbole Feuer, Wasser, Erde, Luft mit in meine Bilder einzubeziehen», so Tsunshan, in dessen Kunst vom Kosmos und von der Schöpfungsenergie die Rede ist.

Jacqueline Trachsel, Kunstkritikerin, 1991 Schweiz

Die Bühnentechnik von Tsunshan manifestiert sich als eigenartige Vermischung aus östlicher Tradition und westlichem Experimentiergeist, was zu einer Reihe von symbolischen Fluchten führt, die durch natürliche Inkonsistenzen entstehen. Diese Inkonsistenzen sind im Wesentlichen mentaler Natur — eine wahre Psychologie der Kunst, eine autonome Psychologie, die jedoch nicht unabhängig von der des Künstlers ist, der sich in der Gestaltung formlosen, harmonischen Furors quält.

Francesco Gallo, Kunstkritiker, 1988, Italien

Die Bilder beziehen ihre Wirkung aus Spannungsfeldern von Gegensätzen, aus westlicher und östlicher Kultur- und Maltradition, aus dem Symbol des Wechsels von Yin und Yang. Aber auch ohne das Wissen um das «Tao», das universelle Prinzip der Dinge, das unwandelbare Gesetz der Realität der alten chinesischen Weisen, spürt der Betrachtende die Symbole des Lebens in den explodierenden Farbwolken und findet eine spirituelle Ordnung hinter der Formlosigkeit wieder.

Tsunshan arbeitet mit Tusche, Öl und Tempera, meist verwendet er eine Mischtechnik. Durchsichtige, Ton-in-Ton verlaufende Farbflächen kontrastiert er mit einem im breiten Pinselstrich aufgesetzten satten Rot oder Schwarz. Die Bilder sind ohne Titel, verschiedene Interpretationen sind möglich, was den Arbeiten zusätzlichen Reiz gibt. Auf dunkelblauem Hintergrund steigen zartgraue, rosa angehauchte Gaswolken auf. Goldgelbe Punkte aller Grössen binden sich zu Sternketten, Sonnen glühen auf – das Universum lebt seine Ordnung aus dem Chaos heraus. Vielleicht sieht der nächste Betrachter aber einen Gefühlsausbruch, ein Nachterlebnis, einen Traum in dem Bild? Oft taucht das vergoldete Quadrat, das Symbol des Todes in der chinesischen Tradition, in den Bildern auf. Tod und Leben gehören für den Künstler zusammen.

Helga Rölke, Kunstkritikerin, 1989 Schweiz

«Unzählige Male wurde ich nach dem Sinn und der Botschaft meiner Bilder gefragt; meine Antwort steht jedes Mal unter dem Bild: Ohne Titel», erklärt Tsunshan. Kritiker beschreiben seine Kunst als «suggestives Universum», als «Kunst, die vom Kosmos und von der Schöpfungsidee spricht», als «Visionen von Sensibilität». Die Kunsthistorikerin Hinterthür schreibt zum Thema «Moderne Chinesische Kunst aus Hong Kong»: «Sie ist eine gelungene Synthese aus östlich-meditativer Philosophie und westlich-expressionistischem Materialismus.» Der Schlüssel zum Werk von Tsunshan ist vor allem der «nicht-existierende» Titel seiner Bilder: Ohne Titel. Im chinesischen Tao heisst es nämlich: «Tao, kann es ausgesprochen werden, ist nicht das ewige Tao. Sein Name, kann er genannt werden, ist nicht der ewige Name. Das Namenlose ist der Urgrund des Himmels und der Erde.»

Paolo Bianchi, Kunstkritiker, 1989 Schweiz

Tsunshan weiss, dass nur der, der sich verirrt, sich retten kann; seine Bilder lassen den Betrachter in einem suggestiven Universum verirren, sodass man in den magischen Räumen seiner Strukturierung die ästhetischen Räume erleben kann.

Francesca Alfano Miglietti, Kunstkritikerin, 1985 Italien

Der Künstler durchquert seinen eigenen Raum durch eine langsame und geduldige Technik, die den Kern seines kreativen Prozesses im Geist und in der semantischen Struktur des Werkes sedimentieren lässt, dabei jedoch die gesamte expressive Vitalität der Geste bewahrt, wenn sich die Zeichen auf der Leinwand sammeln und verfestigen. Einerseits ist das Werk faszinierend, weil es in seinem eigenen Ästhetizismus geschlossen ist, der auf Ethik und östlicher Tradition zurückzuführen ist. Andererseits ist es durchtränkt von einer sinnlichen Leidenschaftlichkeit, die jedoch durch eine kristallklare Reinheit der chromatischen Werte gefiltert wird.

Tsunshan schafft es tatsächlich, durch die Filterung der Gefühlszustände (der Empfindungen) die ekstatische Betrachtung von Natur und Mensch zu übernehmen, die typisch für die alte chinesische Malerei ist, und kombiniert dies mit der westlichen Übernahme der Identifizierung symbolischer und formaler Werte des Zeichens. Kalligrafie und Malerei sind in der orientalischen Ästhetik untrennbar miteinander verbunden.

Wir erleben hier nicht die Osmose und das gegenseitige Durchdringen von Kulturen, die die Künstler dieses Jahrhunderts so sehr inspiriert haben (man denke beispielsweise an den Tachismus von Estienne, das Action Painting der Amerikaner oder, um einen Schritt zurückzugehen, die weißen Schriften von Tobey), sondern die Idee, als gelebte Gesamtheit in Erwartung ihrer Vollendung, die dieser lyrischen Abstraktion Leben einhaucht.

Giuditta Villa, Kunstkritikerin, 1987, Italien

Zu jeder Geste gehört ein Klang. Schnelle Pinselstriche tauchen aus einem fein ausgearbeiteten musikalischen Gewebe auf. Da ist der Geschmack des europäischen Informellen, und dennoch durchdringt der Duft des Ostens. Die Farben lieben und hassen sich, sie prallen wütend aufeinander, degradieren sich, transformieren sich. Präzise kontrollierte chemische Reaktionen erfinden implosive Farbmischungen, wo das Licht je nach verarbeitetem Material mit unterschiedlicher Intensität auf die Oberfläche eindringen oder darauf fallen kann. Und dann ist da das Papier, als Relikt, als Zeugnis. Tsunshan entdeckt eine Erinnerung in der Geste, wo der diskrete Charme einer menschlichen Kultur mit dem ästhetischen Produkt versöhnt wird.

Die Kunst tritt mehr in das Leben ein als eine scharfe Klinge oder ein Pinsel, der mit Farbe die Stille oder das Summen der Zeit durchbricht. Und in dieser Farbe, auf dieser Wärme, liegen die Ursprünge des Schicksals. Von dort aus nahm die Zeit ihren Anfang. Zuvor herrschte nur das Warten auf das Ereignis; aber aus der Summe der Farbfelder, die aus einem malerischen Archetyp stammen, nimmt das Bild des Entstehenden Form an. Der Samen des Menschen wird die Täuschung der Kunst gebären, aber wird immer Materie sein, die von der Sonne verzehrt wird.

Enzo Battarra, Kunstkritiker, 1983, Italien

Dank seiner natürlichen Vermittlung zwischen zwei kulturellen Universen arbeitet Tsunshan nach einem Ansatz, bei dem die Figuration streng verbannt ist, im Einklang mit den neuesten Forschungen zur Abstraktion, die mit orientalischer Methode und Technik verfolgt werden. Die verwendeten Arbeitsinstrumente sind größtenteils chinesischer Herkunft: Die Technik der Ölfarbenverdünnung, angewendet durch Schichtungen und verschiedene Durchgänge wie beim Aquarell, ermöglicht es dem Künstler, sensible Texturen zu konzipieren.

Tsunshans Arbeit zielt auf eine Synthese aus Farbe, Licht und Gestik ab, die der Malerei Form verleiht und sie vor dem Risiko bewahrt, in den generischen abstrakten Impressionismus abzugleiten. Die Gestik repräsentiert den synthetischen, ordnenden Eingriff, der in der Lage ist, die Komposition in eine endgültige Form zu bringen.

In der orientalischen Malerei war das Motiv nie von übermäßiger Bedeutung; was orientalische Künstler immer interessierte, war die Sensibilität für Linie, Farbe und die innere Logik einer zeitlosen, unveränderlichen kreativen Philosophie, die in der Kunst einen günstigen Boden für die Experimente von Ideen und Geist findet. Tsunshan weicht nicht von diesen kreativen Prinzipien ab; obwohl er sich der vielfältigen und unterschiedlichen Strömungen der westlichen zeitgenössischen Kunst bewusst ist, verfolgt er eine Linie, die diese orientalischen kulturellen Wurzeln berücksichtigt. Es ist auch wahr, dass Tsunshans Malerei nicht darauf verzichtet, diese beiden so unterschiedlichen visuellen Kulturen zu vereinen, die seit dem Impressionismus verschiedene Gelegenheiten zur Interaktion hatten.

Giulio Alessandri, Kunstkritiker, 1985, Italien

Die zarten Wasserfarben-Gemälde von Tsunshan nahmen mir fast den Atem mit ihrer gedämpften und fein abgestimmten dramatischen Kraft. Es mag wie ein Widerspruch klingen, gedämpft und dennoch dramatisch kraftvoll zu sein. Und vielleicht ist es das auch. Aber wenn man zu Tsunshans Bildern kommt, sind diese Widersprüche vereint in einem großen, schönen und stets lebendigen Wunder.

Bild für Bild erkannte ich diese immerwährende Nähe zu einem strömenden, schwangeren Leben. Gegen alle leeren Konstruktionen von viereckiger Armut und Askese lenkt er die warme, lebendige und stets zitternde Fülle des Lebens. So einfach und überwältigend natürlich war die Begegnung mit Tsunshans Wasserfarben-Gemälden in Kopenhagen. Zuerst durchdrang die Sonne die Wolken und wies mich auf die ewige und einfache Schönheit der Natur hin. Danach offenbarte Tsunshan durch seine Bilder die Notwendigkeit, für immer dem mythischen Lied zu lauschen, das in der menschlichen Brust zittert. Was seine Bilder mir enthüllten – oder wurden – war etwas Heiliges, das der Liebe ähnelt.

Stig Åke Stålnacke, Kunstkritiker, 1986, Dänemark

Tsunshan wurde in Hongkong geboren, in England ausgebildet, hat in Italien gearbeitet und ausgestellt und lebt jetzt in der Schweiz. Trotz dieses internationalen Nimbus verleugnet er nicht seinen asiatischen kulturellen Hintergrund. Seine Ausstellung ist ein Blumenmeer aus Düften und Farben – ein starker Kontrast zur Expressionismus der Achtzigerjahre. Hier begegnet man einem wahren Gesandten der östlichen Geheimnisse und Exotik. Das strukturarme Universum der Bilder ist poetisch wie die Strömungen des Wassers und die Bewegungen des Himmels. Es gibt nicht viel, woran man sich festhalten kann. Ist diese exquisite ästhetische Raffinesse für eine rohe Achtzigerjahre-Seele zu viel, kommt man dennoch nicht an Tsunshans technischen Fähigkeiten vorbei. Er versteht es, seine Lavuren und Farben ineinander übergehen zu lassen wie parfümierte Wolken oder in filigranartige Muster zu verzweigen. Ein gut gesetzter Pinselstrich kann hier und da die Verbindung zur tachistischen Malerei und der gesamten kalligrafischen Tradition aufdecken, die die Grundlage für Tsunshans verfeinerte Andeutungen und Abstufungen auf Papier bildet.

Peter Michael Hornung, Kunstkritiker, 1986, Dänemark

Öffnen Sie Ihre Seele, öffnen Sie Ihre Augen und tauchen Sie Ihre Iris in Tsunshans malerische Abenteuer ein. Diese sind nichts, weil sie alles sind — außer dem schönen Stempel-Signum und dem goldenen quadratischen Symbol des Lebens und des Todes — Nebel, Blasen und Punkte in tausend Farben. Ergötzen Sie sich an diesem Anblick und träumen Sie sich fort von der scheinbaren Realität der Dinge in ein poetisches Kosmos, ein Nirwana, wo physische Realitäten in schwebenden, duftenden Farbwolken aufgelöst werden. Hier erreichen das Erschaffene und das Erträumte, das Gesehene und das Ungesehene Gleichberechtigung.

So malt der kosmische Dichter Tsunshan — verführerisch, faszinierend unwirklich — und vermittelt mit seinen Gemälden zugleich alles und nichts. Diese sanften, poetischen buddhistischen Feuerwerke repräsentieren nur das, was Sie in ihnen sehen: Porträts der Seele und Reflexionen des Universums, lange bevor irgendein Gott an die Schöpfung dachte. Alles ist nach Belieben, und Vergnügen wird die erste Reaktion vieler sein.

Bad din iris, 1986, Dänemark

Eine spontane Verzweigung der Farbe auf der Leinwand, eine informelle Textur aus magmahaftem Ausbreiten und tropfendem Fallen. Eine unkontrollierte Explosion der Vitalität. Die Farbe verwandelt sich in einen Schleier aus Licht, der kontrastiert, sich ausbreitet, sich verbreitet, mit einer sinnlichen Entstehung zufälliger Formen, wie dunkle Winterwolken, die einen rebellischen Sonnenstrahl eingefangen haben. So füllt Tsunshan die makellose Leinwand mit Flecken, lässt sie mit polychromatischer Stimmung schwitzen, macht sie jedoch auch durchscheinend wie ein unentzifferbares Gespräch, wie eine Emotion, die sich selbst sucht, wie Versuch und Wiederholung, wie ein Weg, der noch zu verfolgen ist.

Im Kontrast dazu steht das Papier mit dem Ideogramm, das kulturelle Artefakt, das verzierte Zeichen der Kommunikation, fast wie ein Symbol des Todes. Es ist eine geometrische Präsenz, die dazu neigt, den emotionalen Ausdruck zu begrenzen, ihm Erinnerung zu verleihen, den Sinn für Zeit. Die Wanderung hat begonnen, und es ist nicht klar, ob sie feste Flügel des Daedalus oder trügerisches Wachs des Ikarus haben wird. Wir können das Wenden seines Verlangens beobachten, den Ausbruch seiner fragilen Leidenschaft, das Erwachen der Verliebtheit im Chaos des Anfangs, wie stumme Zeugen des Ereignisses.

Francesco Gallo, Kunstkritiker, 1984, Italien

Tsunshan ist ein Künstler von magischer Wirkung, der die Fähigkeit besitzt, wirbelnde Stimmungen zu erzeugen, in denen alles gegenwärtig ist: vom Versinken im strömenden Farbenfluss bis zur Erforschung der fruchtbaren Merkmale einer Malerei, in der sich westliche moderne Synthese mit jahrtausendealter orientalischer Symbolik verbindet.

Abstraktion als menschliches Bedürfnis, Kontakt zum Unbestimmten herzustellen, zum fruchtbaren Chaos der Totalität, zur Schönheit eines Wesens, das sich der Abwesenheit stellt, dem Mangel an Referenzen in der einzigen Gesellschaft des Lichts.

Francesco Gallo, Kunstkritiker, 1986, Italien

Die Zeit glitt über die Jahre der Sünder hinweg und hinterließ eine flüchtige Spur. Es war ein Rascheln, doch das Herz schlug schneller, und die Farbe tropfte auf die Leinwand. Das Werk wurde von einem Hauch des Erstaunens durchzogen, dann verstummte es und dachte an morgen. „Sein oberer Teil ist nicht blendend, sein unterer Teil nicht dunkel“: Diese Worte stammen von Tsunshan selbst. Sie scheinen die wesentlichen Elemente seiner Malerei zu umreißen, die auf Dualismen und raffinierten Gleichgewichten basiert. Materie und Form, Öl und Wasser, Leinwand und Papier stehen sich gegenüber und erzählen gemeinsam ganze Geschichten von alten Vorfahren, die im fernen Osten verloren gingen, und von jugendlichem Aufruhr, der in der neuen westlichen Welt explodierte.

Hirngespinste aus reinen Farbschriften vermischen sich in einer lavischen Wüste, wo jede Begegnung ein Aufeinanderprallen ist und die Wahrheit immer zwei Gesichter hat. Funkelnd schlängelt sich ein Faden der Ariadne, getränkt mit transzendentaler Philosophie, durch die gestischen Labyrinthe. Tsunshans malerischer Impuls springt von einem Extrem zum anderen im Leben und stürzt sich in nachdenkliche Pausen, in denen die süßesten Erinnerungen auftauchen.

In seiner Einzelausstellung im Spazio Uno markierten die sieben ausgestellten Leinwände – quadratisch, streng und dennoch äußerst frei (wie die Köpfe der Sieben Weisen hätten sein können) – den Rhythmus einer Partitur, eingetaucht in eine destrukturierte Zeit. Das Märchen löste sich in die feinsten und vielfältigsten Muster auf und verwandelte sich in ein kompliziertes, vitales Gewebe. Tsunshan enthüllte, wie die Farbe sich unter neuen Formen begegnen kann. Der Kritiker bestätigt, dass die malerische Materie vielseitig und nachgiebig ist, aber auch flüchtig und entziehend: Alles liegt darin, die Teile der Rede zu harmonisieren und sie so weit wie möglich in Dialog zu bringen – und vielleicht auch ein wenig darüber hinaus.

Enzo Battarra, Kunstkritiker, 1983, Italien

Tsunshan erforscht unermüdlich und begibt sich gleichzeitig in eine faszinierende malerische Welt. Seine Malerei ist flüssig und zeigt sich durch sich ständig bewegende Überlagerungen, Skizzen, Flächen, Lasuren und Farbströme. Diese Arbeit erweist sich als äußerst fesselnd, da sie reflektierende Methoden mit dem Instinktiven kombiniert. Tsunshans Aquarellmalerei scheint oft verschiedene Ebenen zu überlagern und schafft ein flüssiges Gewebe von Schichten, das die fließenden Flüssigkeiten verfestigt. Seine Werke sind ein Spiel von Kontrasten zwischen wertvollen Materialien wie feinen Goldblättern, die zart auf den flüssigen Oberflächen liegen und auf einem Fluss von wechselnden und glänzenden Reflexen treiben.

Tsunshan scheint den Wunsch zu haben, direkt in der Luft, auf dem Wasser oder auf unsichtbaren Trägern zu malen, um die Aufmerksamkeit auf die Farbe zu lenken. Die Farbe selbst wird zum Protagonisten, eine autonome und bedeutungsvolle Präsenz, raffiniert und lyrisch, manchmal düster und bedrohlich. Tsunshans Malerei spricht ihre eigene ursprüngliche Sprache und neigt dazu, sich auszubreiten und das gesamte Sichtfeld des Betrachters einzunehmen, wie ein Ozean aus Transparenzen und der Gewalt der Wellen. Tsunshans Werk scheint nach seiner Essenz in etwas Unsichtbarem zu suchen, das nur durch seine Farben sichtbar wird, die aus einer Philosophie der Abwesenheit erwachsen.

Tsunshan hat sich entschieden, die Forschung zwischen der Sprache der Malerei und den Dingen auszurichten, wobei er jedoch der Malerei selbst und der Wahrnehmung der Nicht-Gegenständlichkeit den Vorzug gibt. Sein Verfahren betont den analytischen Gestus des Malens und lässt dabei fast die Hand verschwinden, um die Aufmerksamkeit auf die malerische Sprache unabhängig von den Absichten des Künstlers zu richten. Die Leinwand wird so zum natürlichen Ort der Entstehung der malerischen Sprache, nicht zu einer Leinwand für intendierte Projektionen, sondern zu einem ursprünglichen und authentischen Ort der Ausdruckskraft.

Francesca Alfano Miglietti, Kunstkritikerin, 1988, Italien

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© tsunshan samson ng

last updated: may 2024